Inklusion geht uns alle an - Plakat 95% | © Magistrat
lebenswert

Inklusion geht uns alle an

95% aller Beeinträchtigungen treten erst im Verlauf des Lebens auf, die meisten im Alter
30. November 2020

Gabriele Müller war ihr ganzes Leben aktiv, begeisterte Schwimmerin seit Kindertagen, engagiert als langjährige Sekretärin eines mittelständischen Unternehmens ebenso wie als tüchtige Hausfrau, als liebevolle Ehefrau und Mutter eines Sohnes. Heute, im Jahr 2020, ist sie 68 Jahre alt und seit fünf Jahren im Ruhestand. Seit dem Tod ihres Mannes lebt sie allein in ihrem Haus, doch in den geliebten Garten kommt sie nur mehr selten: Schon seit sieben Jahren plagt sie schweres Rheuma am ganzen Körper, macht oft genug jede Bewegung zur Qual und jeden Schritt zur Anstrengung. Gabriele Müller heißt nicht wirklich Gabriele Müller, denn sie möchte auf keinen Fall ein Opfer von Mitleid werden. „Ich habe ein gutes Leben gehabt, nun muss ich mit den Einschränkungen fertig werden“, sagt sie. Trotzdem bedauert sie manchmal die Schwierigkeiten, mit denen sie im Alltag zu kämpfen hat. Die Treppe im Eingang zur Post, hohe Bordsteine, über die sie manchmal nur schwer ihren Fuß heben kann – an ganz schlechten Tagen igelt sie sich ohnehin am liebsten zu Hause ein, aber auch an guten Tagen hält das ganz normale Leben viele Hürden für sie bereit.

Mit ihrer Situation steht Gabriele Müller nicht allein, im Gegenteil. Nach Angaben des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen treten 95 Prozent aller Beeinträchtigungen erst im Verlauf des Lebens auf, die meisten im Alter. Die Beeinträchtigungen können ganz unterschiedliche Ursachen haben: beispielsweise einen Unfall, chronische Krankheit, altersbedingten Verschleiß an Gelenken und Organen.

Gewiss ist nur eines: Kein Mensch kann zu keinem Zeitpunkt seines Lebens sicher sein, dass ihn dieses Thema nicht irgendwann doch betreffen wird. Mit anderen Worten: Inklusion, das Recht jedes Menschen, nicht ausgeschlossen, ausgegrenzt oder an den Rand gedrängt zu werden, geht uns alle an!

Wer heute noch ohne Beeinträchtigungen seinen Alltag lebt, kann in der Zukunft darauf angewiesen sein, dass

  • • Bürgersteige an Gehwegen und Kreuzungen abgeflacht werden
  • • öffentliche Gebäude, Geschäfte und Arztpraxen ohne Stufen begangen werden können,
  • • höhere Stockwerke mit dem Fahrstuhl erreichbar sind
  • • Wohnungstüren breit genug sind, um Rollatoren und Rollstühle durchzulassen
  • • Duschen ebenerdig sind
  • • die Schrift in Drucksachen auch bei nachlassendem Sehvermögen erkennbar ist
  • • zu Fernsehsendungen Untertitel hinzugeschaltet werden können
  • • Menschen mit Verständnis und Hilfsbereitschaft reagieren, wenn jemand im Geschäft und auf der Straße nicht mehr so flott vorwärtskommt

Abgesehen davon, dass wir sie alle eines Tages brauchen könnten: von barrierefreien Angeboten profitieren schon jetzt auch Mütter und Väter mit Kinderwagen oder Lieferant*innen beim Zugang zu Gebäuden.

Inklusion kommt uns allen zu Gute. Lassen Sie uns gemeinsam heute handeln, damit wir morgen selbstbestimmt leben können!