Der sonnige Hang mit seinen Weinstöcken am Johannisberg ist Wahrzeichen und beliebter Ausflugsort Bad Nauheims. Hier haben die Weinfreunde ihr Revier und sorgen für den Erhalt dieses Natur- und Kulturgutes.
Nach der Lese sitzen die Helferinnen und Helfer an ihrem Vereinsheim, dem Weinberghaus, zusammen. Zum Mittagessen gibt es Rippchen und Leberkäse mit Sauerkraut. Dazu – natürlich – ein verdientes Gläschen Wein. Nach der Lese kommen die Trauben direkt in die Presse. Der LKW macht sich auf den Weg nach Kiedrich zum Weingut Schüler-Katz, wo der Wein fachmännisch im Keller ausgebaut wird.
— Pflege der Weinreben ist Teamarbeit
In den Monaten zuvor müssen die rund 1.550 Reben versorgt und teilweise auch Rebstöcke nachgepflanzt werden. Im Februar erfolgt der Rebschnitt, bei dem überzählige Triebe abgeschnitten werden. Dann wird die Traube über zwei „Gerten“ am gespannten Draht „erzogen“ – so wächst die Rebe hoch. Bis Oktober finden mehrere Treffen statt. Chemie kommt nicht zum Einsatz. Schädlinge werden mit einfachem Schwefel bekämpft. Rund 60 Mitglieder sind bei den Treffen regelmäßig dabei – von solch einem Engagement können so manch andere Vereine nur träumen. Es kommt aber nicht von ungefähr: Der Teamspirit wird durch gemeinsame Aktivitäten gestärkt. Dieses Jahr standen z. B. das Weinblütenfest oder auch Ausflüge in den Rheingau und zu anderen Winzern in der Region auf dem Programm.
— Weinanbau hat Tradition in Bad Nauheim
Laut Chronik wurde auf Bad Nauheims Johannisberg schon vor mehr als 600 Jahren Wein angebaut. Ende des 19. Jahrhunderts taufte der Bremer Kaufmann Heinrich Löffler sein Bad Nauheimer Wein-Erzeugnis „Johannisberger“. Zwischenzeitlich wich der Wein- dem Obstanbau. Doch nach mehr als 100 Jahren wurde im Jahr 1999 die Tradition des Weinanbaus am Johannisberg wieder zum Leben erweckt. Auf Initiative des damaligen Stadtrats Bernd Witzel (2005 bis 2011 Bürgermeister der Stadt Bad Nauheim, verst. 13.11.2022) und des Leiters des städtischen Grünflächenamts, Hans-Martin Herrmann, entstand auf einer Anbaufläche von ca. 3.000 Quadratmetern ein neuer Weinberg. Kurz zuvor hatte sich der Verein Freundeskreis Weinanbau Johannisberg Bad Nauheim e. V. gegründet.
— Harte Arbeit für den Weingenuss
Vor jeder Lese müssen erst einmal die Netze um die Rebreihen entfernt werden. Diese sind stets nötig, um die Trauben vor Vögel, Insekten, aber auch Waschbären und sogar Wanderern zu schützen, die gerne von dem süßen Obst probieren. Dann beginnt die Lese, bei der die Trauben gepflückt und in Eimern gesammelt werden. Die verdorbenen Früchte werden entfernt.
Die wichtigsten Sorten, die der Bad Nauheimer Weinberg hervorbringt, sind der weiße Riesling und der rote Spätburgunder. Der Sommer 2022 war extrem trocken, der September sehr nass – dafür sind die Weinfreunde mit dem Ertrag sehr zufrieden. 3.500 Flaschen werden es dieses Jahr ca. sein. Die europäischen Weinanbau-Gesetze legen fest, dass der Ertrag des Weinbergs nicht in den Handel gelangen darf, und es dürfen auch nicht die üblichen Qualitätsbezeichnungen vergeben werden. So wird der Wein am Ende unter den Vereinsmitgliedern aufgeteilt.
Vorallem Rebsorten wie der weiße Riesling und der rote Spätburgunder werden am Johannisberg angebaut.
„Es ist schon etwas anderes, wenn man die ganze Arbeit selbst macht. Man weiß den Wein viel mehr zu schätzen.“
— Weinberghaus jeden Sonntag geöffnet
Der Verein der Weinfreunde hat rund 225 Mitglieder. Er hat keine Nachwuchssorgen, auch die Vorstandsarbeit ist gut verteilt. Darauf ist Präsident Rolf Dörr stolz und auf die gute Gemeinschaft. Die Vereinsangebote, ob Ausflüge oder Feiern im Weinberghaus, werden sehr gut angenommen. Und es kommt immer mal wieder vor, dass sich zwei Menschen hier finden und ein glückliches Paar aus ihnen wird – eine nette Begleiterscheinung.
Jeden Sonntagnachmittag ist das Weinberghaus am Johannisberg geöffnet, bis auf eine kurze Winterpause von Mitte Dezember bis Mitte Februar. Nicht nur Mitglieder, sondern alle sind herzlich willkommen, um eine schöne Zeit zu verbringen, ein Glas Wein oder eine Tasse Kaffee zu trinken und selbst gebackenen Kuchen zu essen.
