Karlstraße 17
61231 Bad Nauheim
Seit bald 50 Jahren ist Gerda Hammel sechs Tage pro Woche in ihrem kleinen Geschäft in der Karlstraße anzutreffen.
Als sie das Strumpfkästchen damals übernahm, hatte sie, wie sie selbst sagt, „keine Ahnung“ von Strumpfhosen, Strümpfen und Co. Bis dahin war sie in einem Schreibbüro angestellt, aber sie ergriff die Chance und arbeitete sich ein. Sie rief erst einmal alle Lieferanten an, um sich vorzustellen und zu fragen, ob sie sie beraten könnten. Sie konnten und taten es – und auch heute noch kommen einige Vertreter der Marken, die sie im Sortiment hat, persönlich zu ihr und stellen ihre Produkte vor.
Wenn man am Strumpfkästchen vorbeiläuft, fallen im Schaufenster sofort die vielen Beine mit den verschiedenen Strumpfhosen ins Auge. Ob einfarbig oder bunt, ob nationale oder internationale Markenware, ob Nylon, Baumwolle oder Kaschmir, ob transparent, blickdicht oder gemustert - selten muss Gerda Hammel bei einer Kundenanfrage passen. Menschen zu beraten, das bereitet ihr große Freude, und das wissen die Menschen zu schätzen. Das Schaufenster wird regelmäßig umdekoriert, um die Passanten ins Geschäft zu locken. Sie weiß, was das Auge anspricht. Neben Strumpfhosen führt sie Leggings, Strümpfe, Anti-Rutsch-Socken, außerdem noch dickere Schals, Mützen und dünne Tücher aus hochwertigen Stoffen. Groß ist auch die Auswahl an dem Ständer mit Lederhandschuhen.
„Der Laden ist mein Lebenselixier. Am liebsten möchte ich ihn so lange betreiben, bis ich umfalle.“
Gerda Hammel stammt aus Rudolstadt in Thüringen. Ihre Familie hatte dort ein Sägewerk mit Holzhandel, flüchtete später aus der DDR nach Berlin und zog dann nach Baden-Württemberg, bevor es Richtung Bad Nauheim ging. Hier ist sie heimisch geworden. Sie bekam zwei Söhne und baute sich mit dem Strumpfkästchen ein gutes Geschäft auf.
Heute gibt es Tage, an denen kaum jemand zu ihr ins Strumpfkästchen kommt. „Das Geschäft ist schwerer geworden, aber ich gebe nicht auf. Der Online-Handel ist natürlich eine große Konkurrenz, aber es gibt immer noch Menschen, die eine persönliche Beratung schätzen“, sagt sie. Trotz sinkender Umsatzzahlen ist sie zufrieden und dankbar, dass sie immer noch in ihrem kleinen Laden stehen kann.
Jährlich spendet sie einen Teil ihrer nicht verkauften Strumpfhosen für einen guten Zweck. Die täglichen Spaziergänge von ihrem Zuhause zum Geschäft in der Karlstraße 17 halten sie fit, so auch der Kontakt zu anderen Menschen. Die Plaudereien mit ihren Kundinnen und Kunden genießt sie. Im Mai feiert sie ihren 96. Geburtstag. Ihr Wunsch: Gesundheit, denn solange sie gesund bleibe, könne und wolle sie auch weiterhin in ihrem kleinen Strumpfkästchen sein.