Der Brot-Philosoph

Der Brot-Philosoph

Bernd Wettlaufer ist der einzige Brot-Sommelier in der Wetterau. Seine außergewöhnlichen Brot-Spezialitäten verkauft er in seiner Bäckerei, die er zusammen mit seiner Familie führt.


„Lieblich, buttrig-zart, saftig-frisch in der Krume mit einem melodischen Zusammenspiel einer zart-röstigen Karamell-Zimt-Note an der Brotrinde. Der handwerkliche Weizensauerteig unterstützt die Harmonie durch taktvolle Akzente. Vollendete Backkunst und handwerkliche Tradition münden in einem Potpourri der harmonischen Aromen. Der watteweich-fluffige Brioche-Teig mundet sowohl als süße Verführung als auch belegt mit Leberwurst, Äpfelchen und Sellerie.“

So klingt es, wenn Bäckermeister Bernd Wettlaufer das Bad Nauheimer „Orgelbrot“ beschreibt. Da bekommt so mancher sicher schon beim Lesen Lust aufs Probieren. Mit dem Kauf des „Orgelbrots“ tut man übrigens nicht nur seinem Gaumen etwas Gutes, denn ein Teil der Einnahmen werden an das Bad Nauheimer Projekt „Große Orgel Dankeskirche“ gespendet.

— Sechste Meister-Generation im Familienbetrieb

Bernd Wettlaufer und Sohn Fabio begutachten ihre Backwaren.

Die familieneigene Bäckerei „Rockenbäcker“ führt Bernd Wettlaufer bereits in sechster Generation. Mit dem Geruch von frischen Brötchen in der Nase ist er aufgewachsen und auch sein Sohn Fabio ist bereits als Baby in der Backstube herumgekrabbelt. Damals noch im Vogelsberg, inzwischen leben und arbeiten sie in Rockenberg. Fabio Wettlaufer ist heute gleichberechtigter Geschäftspartner, ebenso Bäckermeister und ausgebildeter Ernährungsberater im Bäckereihandwerk. Er steht jeden Morgen ab 2 Uhr in der Backstube.

Doch nicht nur dort ist er kreativ: Für den „Rockenbäcker“-Flaggschiff-Laden in der Frankfurter Straße in Bad Nauheim hat er die Inneneinrichtung geplant. Er wollte einen „modernen Bäcker mit Wohnzimmer-Gefühl“ schaffen. Das ist ihm gelungen – das Geschäft wird von den Kunden gerne besucht und feiert im Januar 5-jähriges Jubiläum.

Bernd Wettlaufers zweiter Sohn Till ist Lebensmitteltechnologe und promoviert gerade. Seine Ehefrau Sylvia managt die Betreuung und das Marketing der insgesamt acht Filialen im Rhein-Main-Gebiet. Die Familie „brennt für das Handwerksbrot“ und arbeitet daran, die deutsche Brotkultur zu erhalten. Immerhin ist diese im Jahr 2014 zum UNESCO-Weltkulturerbe ernannt worden, unter anderem aufgrund ihrer Vielfalt – es gibt mehr als 3.000 Brotsorten in Deutschland.

— Die wichtigste Zutat: Zeit

Ob Ur-Bengel (mit Urgetreide), Apfel-Frucht-Brot oder das Herbst-Brot „Toni Maroni“ (der Name lässt es erahnen, das Brot ist mit Maronen) – beim Rockenbäcker wird ohne künstliche Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker gearbeitet, dafür mit frischen und saisonalen Produkten wie z. B. Äpfeln oder Kartoffeln aus der Region. „Die wichtigste Zutat beim Backen ist Zeit“, sagen Vater und Sohn einhellig. Durch eine lange Teigführung etwa und die Verwendung mit Urgetreidesorten wie Emmer, Dinkel, Einkorn und Gerste wird eine gute Bekömmlichkeit des Brots erreicht.

Und weil eben alles seine Zeit braucht, werden auch nicht Unmengen an Backwaren produziert. Weggeworfen wird auch nichts. „Es gibt keine Mülltonne für Brot“, so lautet die Devise der Wettlaufers. Die Ware, die am Ende des Tages übrig bleibt, wird an die Butzbacher Tafel gespendet.

Das Maronenbrot und das saftig-süße Apfel-Frucht-Brot sind bei den Kunden sehr beliebt.

— Die Sprache des Brotes

Der 58-jährige Bernd Wettlaufer ist seit 30 Jahren Bäckermeister und seit rund zwei Jahren auch geprüfter Brot-Sommelier. Weltweit gibt es noch nicht einmal 100 Brot-Sommeliers, er ist der einzige in der Wetterau. Ein Jahr hat die Ausbildung an der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk in Weinheim gedauert. Unter anderem hat er dort gelernt, mit der „Weinheimer Brotsprache“ Duft, Aussehen, Textur, Klang und Geschmack des Brotes zu beschreiben. Auch stand Betriebswirtschaft, Marketing und Medientraining auf dem Lehrplan, wie auch internationale Brotkultur und Produktkunde. Er musste für die Prüfung ganz schön büffeln.

„Was das eine Lebensmittel nicht hat, bringt das andere mit“, weiß Bernd Wettlauer, der heute Spezialist im „Food-Pairing“ ist. Er weiß, welches Brot am besten zu welchem Wein oder welcher Wurst passt. Der Bäcker tut sich auch gerne mit Experten anderer Fachrichtungen aus der Region zusammen. So veranstaltet er regelmäßig mit dem Bad Nauheimer Sommelier Hanns Fertsch Brot- und Wein-Verkostungen. Zum Lakritz-Baguette mit Aprikose etwa geht ein schokoladiger Rotwein sehr gut.

— Tipp für die Brot-Aufbewahrung

Zum Schluss gibt es noch einen Tipp vom Fachmann:

Um möglichst lange etwas vom Brot zu haben, ist ein unglasierter Tontopf mit Deckel optimal. Das Wasser des Brots verdampft, geht in den Tontopf hinein und wenn das Brot wieder Feuchtigkeit braucht, gibt der Tontopf Feuchtigkeit ab.

Wenn Sie die Kruste „rösch“ (knusprig) mögen und die Krume saftig, dann stellen Sie das Brot mit der angeschnittenen Seite einfach auf ein Brett. Damit nichts dran kommt, hängen Sie ein Küchentuch darüber.

Mehr Infos

Weitere Informationen zu Bernd Wettlaufer und die Bäckerei Rockenbäcker finden Sie auf der Webseite unter www.rockenbaecker.de

Autor / Autorin
Katharina Wagner
Katharina Wagner
Die Bad Nauheimerin lernt durch das Schreiben für den Blog ihre Heimatstadt noch einmal neu kennen: „Ich treffe interessante Menschen, die Interessantes machen oder zu erzählen haben, und ich bekomme spannende Einblicke in Unternehmen und Einrichtungen, die ich vorher so nicht hatte. Das macht Spaß.“ Katharina Wagner ist freiberufliche Redakteurin (Online, Print, Social Media und TV), seit ihrer Kindheit großer Elvis-Fan und sie lebt mit ihrem Lebensgefährten und den zwei gemeinsamen Kindern in Nieder-Mörlen.