Die digitale Stadtarchiv-Akte | © Magistrat
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Die digitale Stadtarchiv-Akte

Bad Nauheimer Stadtarchiv wird digital - Firma Microbox stellt Hochleistungsscanner zur Verfügung
17. Dezember 2020

Das kommende Jahr steht für das Bad Nauheimer Stadtarchiv im Zeichen der Digitalisierung. Der überwiegende Bestand an historischen und auch Akten neueren Datums wird digitalisiert. Das Projekt wird von der Firma Microbox unterstützt, die dankenswerterweise einen Hochleistungsscanner kostenfrei zur Verfügung stellt. Das auf die Entwicklung und den Verkauf von hochauflösenden Scannern und Kameras zur Erfassung von Büchern und Kulturgut spezialisierte international agierende Unternehmen ist seit seinen Anfängen 1958 in Bad Nauheim ansässig. Es ist für viele renommierte Kunden und Staatsarchive weltweit, wie die British Library, das Weiße Haus oder das Bundesarchiv in Koblenz, tätig.

„Die Digitalisierung des Stadtarchivs ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einer digital und papierlos arbeitenden Verwaltung. Die Konzeption des Projekts wurde bereits vor dem Brand in der Silvesternacht 2019 auf 2020 begonnen. Hierdurch hat sich allerdings eine erhebliche Beschleunigung ergeben, die dann im Frühjahr durch die Corona-Pandemie wieder ausgebremst wurde, weil die Digitalisierungskapazitäten der Stadt an anderer Stelle dringend gebraucht wurden. In diesen Tagen können wir nun aber endlich starten. Der Firma Microbox möchte ich nochmals herzlich für ihre großzügige Geste und die kostenfreie Überlassung des Geräts danken. Wir als kleines Stadtarchiv dürfen damit eine Technik auf höchstem Qualitätsniveau nutzen, die sonst nur großen Archiven zur Verfügung steht. Das Unternehmen um Geschäftsführer Stephan Welp leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Digitalisierung der Stadtverwaltung, die in den letzten Jahren in vielen Bereichen vorangeschritten ist“, betont Bürgermeister Klaus Kreß.

Durch den Brand am Gebäude des Stadtarchivs in der Hauptstraße in der Silvesternacht wurde die Bedeutung des Archivs als Gedächtnis der Identität der Stadt nochmals deutlich. Damals hatte der Dachstuhl, womöglich durch eine Silvesterrakete, Feuer gefangen. Durch die schnelle Meldung einer Nachbarin und das zügige Eingreifen der Feuerwehr konnte ein größerer Schaden verhindert werden. Dennoch floss Löschwasser durch die Decken und beschädigte einige Aktenmeter. Diese mussten ausgelagert, getrocknet und zum Teil gesichert werden. Es folgten aufwändige Sanierungs- und Instandsetzungsarbeiten am Gebäude in der ersten Jahreshälfte.

„Parallel haben wir mit der Firma Microbox die Digitalisierungsmaßnahme geplant. Bei rund 500 Aktenmetern musste unter anderem festgelegt werden, welche Dokumente priorisiert gescannt werden. Vorrang haben Akten mit stadtgeschichtlicher Bedeutung, etwa Protokollbücher von Magistrat, Stadtverordnetenversammlung oder Ortsbeiräten. Ebenso Urkunden- und Rechnungsbücher, die aus der Zeit zwischen 1683 und 2000 stammen sowie historische Verwaltungsaktenbestände ab 1854. Danach folgt die damalige „Kurzeitung“, deren Papier spröde wie Glas ist und beim Anfassen zersplittert. Die hier genannten Dokumente machen bereits rund 100 Aktenmeter aus“, erklärt Matthias Wieliki, Fachbereichsleiter Zentrale Steuerung und Öffentlichkeitsarbeit.

Außerdem werden alte Gewerbeakten eingescannt, die eine sehr schlechte Papierqualität aufweisen. Auch die Digitalisierung von etwa 150 Archivmetern Bau-, Kanal- und Anliegerakten sind von Bedeutung, da diese fast täglich von Hausbesitzern und Immobilienmaklern zur Ansicht nachgefragt werden. Daneben werden Melderegister, Kurlisten sowie stadtgeschichtlich wertvolle Heimatbuchsammlungen und Druckerzeugnisse digitalisiert.

Stadtarchivarin Brigitte Faatz ergänzt: „Auch das im Archiv älteste Buch sei erwähnt, welches ‚unter den Scanner‘ kommt: Es heißt ‚De Asini Lana Satyricon‘ und ist eine Satire auf ein ‚Eselsfell‘, in lateinischer Sprache gedruckt aus dem Jahr 1646. Autor ist der 1598 in Nauheim geborene Johann Peter Lotichius, ein Humanist, Mediziner, Poet und Historiograph.“

Das Stadtarchiv hält viele weitere interessante Objekte, Schätze und sogar Kunstinstallationen bereit, die die Bedeutung des Weltbades Nauheim mit ihren prominenten Besuchern verdeutlichen, aber noch nie ausgestellt wurden. Hierzu plant das Stadtarchiv gemeinsam mit der Firma Microbox Aktionen im nächsten Jahr.

Stephan Welp, Geschäftsführer von Microbox: „Es ist uns wichtig, dass wir uns als Bad Nauheimer Unternehmen, das weltweit agiert, auch in unserer Stadt, also vor Ort, einbringen. Wir möchten Bad Nauheim damit auch etwas zurückgeben.“