Buchpräsentation Juden in Bad Nauheim | © Magistrat
bürgernah

"Juden und jüdische Kurgäste in Bad Nauheim und Steinfurth"

Buchpräsentation über ansässige jüdische Familien und in Bad Nauheim verstorbene Kurgäste
27. Februar 2020

Der Autor Hanno Müller aus Fernwald übergab kürzlich das erste Exemplar des von ihm und Dr. Lothar Tetzner aus Neu-Isenburg erstellten und von der Ernst Ludwig Chambré-Stiftung in Lich veröffentlichten Familienbuchs "Juden und jüdische Kur­gäste in Bad Nauheim und Steinfurth" an Bürgermeister Klaus Kreß und Stadtarchi­varin Brigitte Faatz. Es ist das insgesamt fünfzehnte Buch des Autors zu diesem The­ma. Der Orientalist Dr. Lothar Tetzner bearbeitete und übersetzte die Grabsteinin­schriften aller auf den jüdischen Friedhöfen in Bad Nauheim und Steinfurth erhal­tenen Grabsteine.

Das Buch beginnt mit etwa 180 Seiten, auf denen die im Zeitraum von 1829 - 1942 in Bad Nauheim ansässigen jüdischen Familien und ihre Beziehungen untereinander, jüdische Ärzte, Masseure, Schauspieler, Musiker und andere Personen, die sich für kurze oder längere Zeit in Bad Nauheim aufhielten, Schüler, die von 1937-1939 die Jü­dische Bezirksschule besuchten und Männer und Frauen, die im Jüdischen Alters­heim untergebracht und im September 1942 deportiert wurden, mitgeteilt wer­den. Angegeben werden die genealogischen Daten, die Adressen der Familien/Personen nach den Bad Nauheimer Adressbüchern, ihre Berufe, ihr Immobilienbesitz nach den Brandkatastern von 1868 und 1893, sonstige Informationen und von ihnen aufge­gebene oder sie betreffende Verlobungs-, Heirats-, Geburts-, Todes- und Dank­sa­gungs­anzeigen, die im Zeitraum von 1895 bis 1933 im Wetterauer Anzeiger und in der Bad Nauheimer Zeitung erschienen. Über 200 dieser Familienanzeigen sind im Buch abgebildet.

Mitgeteilt werden auch die genealogischen Daten zu über 350 jüdischen Kurgästen, die in Bad Nauheim während ihres Kuraufenthaltes verstarben. Viele von ihnen wurden auf den jüdischen Friedhöfen in Bad Nauheim beigesetzt.

Die früher in Steinfurth lebenden Juden zogen bis ca. 1890 von dort nach Bad Nau­heim, Friedberg oder Gießen. Ihre Familien wurden nach den alten Judenmatrikeln rekonstruiert.

In der früheren Israelitischen Kinderheilanstalt, die später als Jüdische Bezirksschule und danach als jüdisches Altersheim genutzt wurde und in den beiden israelitischen Heimen für Männer und Frauen wurden nach dem Krieg jüdische Überlebende der Konzentrationslager "Displaced Persons" untergebracht. Sie wanderten meist nach einem kurzen oder längeren Aufenthalt in Bad Nauheim in die USA aus.

Es schließen sich die von Dr. Lothar Tetzner bearbeiteten Grabsteininschriften an. Außer in Deutsch wurden die Grabsteine in Hebräisch, Jiddisch, Kyrillisch, Ukrai­nisch, Polnisch, Englisch und Französisch beschriftet. Aufgeführt werden auch die aus Bad Nauheim stammenden oder mit Bad Nauheim in Verbindung stehen Opfer des Holocaust.

Der Bildteil beginnt mit zahlreichen Fotos zur Jüdischen Bezirksschule, danach einige Fotos jüdischer Bad Nauheimer, Anzeigen jüdischer Geschäfte in den Adressbüchern und über 200 Familienanzeigen. Einen Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse der Bad Nauheimer Juden erhält man indirekt durch die Angaben der Versicherungssummen ihrer Immobilien in den Brandkatastern von 1868 und 1893.

Im Anhang findet sich der erschreckende Bericht des Lehrers Siegfried Oppen­heimer, der in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 in der Jüdischen Be­zirks­schule verhaftet und bis zum 14. Dezember 1938 im KZ-Buchenwald inhaftiert war.

Ganz besonders stolz ist der Autor auf die zahlreichen Fotos der Nachfahren von Louis Löser, Inhaber der "Villa Moltke" in der Moltkestraße 16. Sie wurden von Peter Löser in Stockholm und Sonia Meyer in Sao Paulo in Brasilien zur Verfügung gestellt.

Das Buch schließt mit Nachträgen zu früher vom Autor veröffentlichten Familien­büchern, einem ausführlichen Ortsregister und einem Register Ämter, Berufe und Varia. Es hat einen Umfang von 460 Seiten, enthält über 400 Abbildungen und ist für 20 Euro nur direkt im Stadtarchiv Bad Nauheim erhältlich (kein Postversand).

Zum Autor:

Hanno Müller aus Fernwald hat sich in den letzten Jahren mit der Veröffentlichung seiner Familienbücher zur Geschichte der Juden einen verdienstvollen Namen ge­macht. Längst sind seine umfangreichen Nachschlagewerke aus der Geschichts­forschung der Kommunen im Großraum Gießen nicht mehr wegzudenken. Mit dem Erscheinen des Buches „Juden in Friedberg“, 2018 und dem jetzt herausgegebenen Werk „Juden und Jüdische Kurgäste in Bad Nauheim und Steinfurth“ wagte sich der pensionierte Lehrer bis in die Wetterau vor und erforschte in den vergangenen rund vier Jahren die Schicksale jüdischer Familien in den beiden Nachbarstädten. Mit großer Akribie und dem Hang zum Perfektionismus wurde hierfür umfangreiches Quellenmaterial gesammelt, ausgewertet und familienbezogen zugeordnet. Die da­raus entstandenen Bücher sind keine Lesebücher, sie dienen vielmehr dazu, dem Schicksal einzelner jüdischer Mitbürger oder deren gesamter Familie nachzuspüren. Zukünftigen Generationen werden sie von großem Wert sein.